"Arbeit macht frei", Holzdruck (nach Eingangstür KZ Sachsenhausen), 1998

Feldforschung bei einem Künstleraufenthalt im Kloster Cismar, Schleswig Holstein. Während dem sogenannten "Klosterfest" hing dieser Druck im Atelierfenster, die Leute speisten daneben, keiner schien daran Anstoß zu nehmen. Sehr seltsam - keinerlei Reaktion.

 

"Arbeit macht frei" ("Work makes free"), wood print (after entrance door concentration camp Sachsenhausen), 1998

Field research during a artist residency in Cismar, Schleswig Holstein. During the "Klosterfest" this pressure hung in the studio window, the people dined next to it, nobody seemed to take offense at it. Very strange - no reaction. 

Inschrift im Eingangstor ins KZ Sachsenhausen bei Oranienburg

Holzdruck auf Papier, 50 x 65 cm, 1998

Blick vom Atelier auf das bunte Treiben draußen.

Es schmeckt ganz offensichtlich...

Der Holzdruck war unter dem Eindruck eines Besuchs im KZ Sachsenhausen während eines Atelieraufenthaltes im Kloster Cismar entstanden. Zur Klosteranlage siehe https://www.kloster-cismar.de/kloster-album/

Über die Pfingsttage fand in der Klosteranlage traditionell das alljährliche, jahrmarktähnliche "Klosterfest" statt mit allerlei Unterhaltung, Karussell, Kunsthandwerk und natürlich vielen und diversen "Fressbuden". 

Der Druck war in Augenhöhe im Fenster des ebenerdigen Ateliers der Klosteranlage Cismar angebracht und sollte mein künstlerischer und natürlich provokativer Beitrag zu dem bunten Treiben auf dem Areal sein.

Zu meinem allergrößten Erstaunen gab es keinerlei Rückmeldungen, obwohl wir meist im Atelier anwesend waren. Niemand schien daran Anstoß zu nehmen, niemand fühlte sich auf den Schlips getreten - es können doch nicht alles Analphabeten auf dem Fest gewesen sein? Alle ließen sie es sich, den Druck im Blickfeld, schmecken oder gingen ihrem sonstigen Treiben nach.

Eine entsetzliche, erschreckende Erfahrung.

Das Erwachen kam ein paar Tage später, denn ich hatte den Druck im Fenster hängen gelassen. Ein extrem aufgeregter älterer Herr kam zu unserer Wohnunterbringung herauf, irgend jemand musste ihn eingelassen haben, und fragte erregt "ist es jetzt wieder soweit"? Er war sichtlich bestürzt und atemlos; wenn ich es recht erinnere, war es womöglich ein Überlebender, jedenfalls ein Zeitgenosse der Nazigräuel. Meine Erklärungsversuche, mein Stottern wollte er nicht hören, er verschwand wutentbrannt ebenso schnell, wie er aufgetaucht war.

Nun hatte es leider genau den Falschen getroffen, hastig entfernte ich den Druck.

 

The woodblock print was created under the impression of a visit to the Sachsenhausen concentration camp during a studio stay at Cismar Monastery. On the monastery complex see  https://www.kloster-cismar.de/kloster-album/

Over the Whitsun holidays, the traditional "monastery festival" took place in the monastery grounds with all kinds of entertainment, handicrafts and, of course, food stalls.

The print was placed in the window at eye level in the studio of the Cismar monastery complex - it was meant to be my artistic and, of course, provocative contribution to the hustle and bustle in the area.

To my utter amazement, there was no feedback whatsoever, even though we were usually present in the studio. No one seemed to take offence, no one felt they were being put on the spot. They all let themselves enjoy it, the print in view.

A horrible, frightening experience.

The awakening came a few days later, because I had left the print hanging in the window. An extremely agitated elderly gentleman came up to our living quarters and asked "whether it was time again now"? He was visibly upset, if I remember correctly, it was possibly a survivor, at least a contemporary of the Nazi atrocities. He did not want to hear my attempts to explain, my stuttering, he disappeared in a rage just as quickly as he had appeared.

Now, unfortunately, it had hit exactly the wrong person, and I hastily removed the print.